Rede von Torsten Felstehausen

Torsten Felstehausen - Bunker-Konzept der AfD ist keine Antwort auf wirkliche Probleme in Hessen

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In seiner 123. Plenarsitzung am 08. Dezember 2022 diskutierte der Hessische Landtag anlässliches des Setzpunktes der Fraktion der AfD zu ihrem Antrag "Öffentliche Schutzräume für die Zivilbevölkerung". Dazu die Rede unseres Parlamentarischen Geschäftsführers und innenpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident! Lieber Stefan Müller, ganz persönlich:

vielen Dank für den intensiven, streitbaren, aber stets konstruktiven Austausch. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich glaube, auch das macht ein Parlament aus, dass man eine Ebene hat, wo man toll miteinander streiten kann, schauen kann, wo Übereinstimmungen sind, und dabei menschlich bleibt. Ich glaube, das sollten wir uns wünschen. Vielen Dank für die tolle Arbeit in diesem Haus.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, Freie Demokraten und auf der Regierungsbank)

Nun zum Setzpunkt der AfD: Bunkerbau. Jetzt sollen wir also, wenn es nach der Auffassung der AfD geht, wieder Bunker bauen, um uns zu retten. Der militärischen Aufrüstung nach außen soll eine Aufrüstung nach innen folgen: Deutschland gegen die Kriegsmüdigkeit, so das Bild der AfD.

(Zurufe AfD)

Die Illusion, das haben hier alle Vorrednerinnen und Vorredner gesagt, dass wir die hessische Bevölkerung mit Bunkern vor einem militärischen Angriff beschützen könnten, war absurd, ist absurd und bleibt absurd, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Selbst in Zeiten des Kalten Krieges waren es gerade einmal 3 % der Bevölkerung, die überhaupt hätten geschützt werden können. Wer, bitte schön, möchte sich denn vor Bunkertüren stellen und entscheiden, wer hineindarf und wer nicht hineindarf? Wir hatten ähnliche, ethisch sehr schwierige Fragen in der Corona-Krise, als uns auf einmal das Wort Triage bewusst wurde. Und jetzt bauen wir wieder Bunker und wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen?

Eben wurde von Stefan Müller sehr deutlich gesagt: Ein Bunkerkonzept, das tatsächlich allen Hessinnen und Hessen Schutz geben würde, ist nicht machbar, ist nicht finanzierbar, ist logistisch, technisch und materialmäßig gar nicht vorstellbar.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Warum schaffen die anderen Staaten das?)

Kein anderes Land in Westeuropa schafft es, seine Bevölkerung vollständig einbunkern zu können. Das ist eine Illusion.

Aber es gibt viele Gefahren, vor denen das Land Hessen seine Bürgerinnen und Bürger schützen muss, natürlich. Da ist der Katastrophenschutz wichtig. Das sind Stromausfälle, Hochwasser, Dürreperioden, Vegetationsbrände oder – wir haben es erlebt – neue Krankheiten, aber natürlich immer wieder auch, das hat der gestrige Tag gezeigt, rechte Gewalt. Das sind Herausforderungen, für die dieses Land Verteidigungsstrategien braucht.

(Beifall DIE LINKE)

Stattdessen setzt die AfD auf Bunker, diese betongewordene Illusion, es könne nach dem nächsten Krieg in diesem Land irgendeine Chance auf Überleben geben. Ich muss Sie ernsthaft fragen: Wie lange wollen Sie denn in Ihrem Bunker auf das Ende des nuklearen Winters warten? Wie viele Lebensmittel brauchen wir bei einer Halbwertszeit von über 20.000 Jahren bei waffenfähigem Plutonium? Tut mir leid, ebenso könnten Sie fordern, dass wir wieder Ritterrüstungen und Stadtmauern brauchen, weil die früher ja geholfen haben.

Nein, für uns als LINKE will ich sehr klar sagen: Wir sind froh über jeden Bunker, in dem heute Menschen Musik machen. Wir sind froh über jeden Bunker, in dem Menschen feiern können, über jeden Bunker, der heute die Möglichkeit bietet, dass Menschen darin wohnen können. Doch wir kennen keine Bunker, die heute in der Lage wären, das zu leisten, wofür sie einmal konzipiert worden sind. Wir kennen keinen Bunker, der modernen bunkerbrechenden Waffen standhalten würde. Das ist eine Illusion, meine Damen und Herren.

Aber anstatt über Aufrüstung und Bunker zu sprechen, müssen wir heute doch alles dafür tun, dass internationale Abkommen für Abrüstung sowie für ein friedliches Zusammenleben geschlossen und eingehalten werden. Das muss doch unser Ziel sein – aber nicht, dafür zu rüsten, dass wir einen nächsten Krieg möglicherweise überleben. Unser Ziel muss sein, dass es dazu nicht kommt.

Meine Damen und Herren, mit dieser Diskussion wollen Sie die Illusion schüren, es gebe die Möglichkeit, einen nächsten Krieg zu gewinnen. Sie wollen die Illusion schüren, wir brauchten nur ordentlich aufzurüsten, nach innen wie nach außen, dann gebe es irgendwie die Möglichkeit eines Sieges.

Ganze Generationen haben sich nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg darüber Gedanken gemacht. Einer, der sich dazu Gedanken gemacht hat, war ein Nobelpreisträger aus Deutschland, der sich intensiv mit Atomwaffen und Kernspaltung beschäftigt hat: Albert Einstein. Wir finden, er hat dazu abschließend die richtige Antwort gegeben. Ich zitiere ihn:

Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.

Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)