Rede von Torsten Felstehausen

Torsten Felstehausen - Ländliche Räume stärken, gleichwertige Lebensverhältnisse durchsetzen

Torsten FelstehausenKommunales

In seiner 117. Plenarsitzung am 13. Oktober 2022 diskutierte der Hessische Landtag zu ländlichen Räumen in Hessen. Dazu die Rede unseres kommunalpolitischen Sprechers Torsten Felstehausen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Mit den gleichwertigen Lebensverhältnissen ist es in Hessen wie mit dem Klimaschutz: Es wird sehr viel darüber geredet, aber in der Praxis wenig getan.

Das ist eben ein wiederkehrendes Muster bei dieser Landesregierung. Deshalb ist es immer wieder notwendig, dort auch den Finger in die Wunde zu legen. Daher begrüßen wir ganz ausdrücklich, dass die SPD heute die ländlichen Räume zum Thema gemacht hat. Das ist etwas, was ansonsten hier häufig viel zu kurz kommt.

Die Bürgerbusse aus der Aktuellen Stunde wären tatsächlich ein sehr eindrückliches Thema, um sich das ganze Elend der schwarz-grünen Politik im Detail einmal vor Augen zu führen. Es ist auch schon von den Kolleginnen und Kollegen hier ausgeführt worden, was das tatsächlich in der Praxis heißt. Deshalb will ich darauf nicht weiter eingehen.

Aber wenn der Staat das ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort fördert – ein Engagement, das wir tatsächlich auch begrüßen –, dann darf eine solche Förderung in unseren Augen doch niemals der Ersatz für eine flächendeckende staatliche Grundversorgung sein.

(Beifall DIE LINKE)

Genau hier liegt doch das grundlegende Problem in vielen ländlichen Räumen – egal, ob es die Mobilität ist, ob wir uns Wohnen, Bildung oder die Nahversorgung anschauen, ob wir über Kultur oder Freizeit reden, ob wir Digitalisierung zum Thema machen oder den Gesundheitssektor und die Krankenhäuser.

Wenn wir in Aktuellen Stunden über den ländlichen Raum sprechen, stellen wir überall fest, dass es einen eklatanten Mangel und eine Spaltung dieser Gesellschaft in ländlich und urban gibt. Das muss doch überwunden werden. Das muss doch die Aufgabe dieser Landesregierung sein. Aber wenn man sie daran messen will und daran misst, dann stellen wir fest: Die Landesregierung versagt, was den ländlichen Raum angeht.

(Beifall DIE LINKE)

Der Staat und die Landesregierung erfüllen ihre Aufgaben im ländlichen Raum schlicht und ergreifend nicht flächendeckend. In vielen ländlichen Räumen fehlt es an einer Grundversorgung, die wohnortnah und bezahlbar und vor allen Dingen für alle zugänglich ist.

Eigentlich wäre es notwendig, die Einrichtungen der Daseinsvorsorge in der Fläche auszubauen und zu modernisieren. Stattdessen werden sie weiterhin oft nur abgebaut und geschlossen – wegen Kostendruck und Sparzwängen, die wir den Kommunen überstülpen oder dem sogenannten freien Markt zur Gewinnoptimierung überlassen.

Es entstehen Versorgungslücken, die die Menschen im Alltag schmerzhaft spüren. Die Kluft zwischen Stadt und Land wächst weiter. In der Realität kann doch in Hessen schon längst nicht mehr die Rede davon sein, dass wir gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land haben.

Dieses Problem ist auch nicht neu. Dieses Problem ist in den letzten Jahren hier dutzendfach angesprochen worden. Aber die politische Verantwortung dafür trägt maßgeblich die CDU – die Partei, die zwar immer vorgibt, im besonderen Maße die Interessen des ländlichen Raumes zu vertreten, in der Praxis aber dafür steht, den ländlichen Raum sträflich zu vernachlässigen.

Da macht auch Schwarz-Grün keinen großen Unterschied, auch wenn Sie es nach außen immer wieder anders darstellen. Da wird das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse hoch- und runtergebetet, da werden Aktionspläne aufgelegt und ein unübersichtlicher Förderungsdschungel geschaffen. Und natürlich – eine Spezialität von Rot-Grün im ländlichen Raum – werden Dutzende Fototermine vor Ort absolviert. Das haben wir jetzt auch bei den Bürgerbussen gesehen.

(Zuruf DIE LINKE: Schwarz-Grün!) – Was habe ich gesagt?

(Zuruf DIE LINKE: Rot-Grün!)

– Schwarz-Grün ist es mit den Fototerminen. – Aber wenn der Tross der Ministerinnen und Minister und der Staatssekretäre abgezogen ist, dann bleibt doch das Grundproblem bestehen. Denn wortgewaltige Pläne und Programme ersetzen eben keine Strukturpolitik. Und hübsche Webseiten ersetzen keine aufgabengerechte und stabile Finanzausstattung der Kommunen.

Genau hier müsste man aber ansetzen, wenn man tatsächlich gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Hessen erreichen will. Solange die Kommunen nicht in der Lage sind, vor Ort ausreichende Grundversorgung für alle sicherzustellen, solange die Einrichtungen der Daseinsvorsorge und lokale Initiativen permanent unter Kosten- und Profitdruck stehen und sich von Projektförderung zu Projektförderung hangeln müssen, so lange werden die ländlichen Räume insgesamt Probleme haben, ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.

(Beifall DIE LINKE)

Als LINKE wollen wir ein solidarisches Hessen, in dem jede und jeder da wohnen und leben kann, wo er oder sie möchte. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse – nicht als abstraktes Ziel oder Gegenstand von Sonntagsreden, sondern als gelebte Realität. Dafür brauchen wir einen politischen Kurswechsel, für den wir weiterhin kämpfen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)