Torsten Felstehausen aktiv vor Ort

Big Brother muss die Augen schließen!

Stadt Wiesbaden verstößt weiter gegen Auflagen zur Videoüberwachung

Pappschilder sind keine ausreichenden Maßnahmen

 

Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem Beschluss (VG Köln 20 L 453/20) am 12.03.2020 festgestellt, dass bereits die Präsenz von Kameraanlagen und die damit verbundene Möglichkeit einer Beobachtung geeignet ist, bei Versammlungen eine einschüchternde Wirkung zu erzielen. Damit würde in das grundgesetzliche Recht der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG erheblich eingegriffen.

 

Das Verwaltungsgericht hat daher die Polizei Köln verpflichtet, die Kameras während der Versammlungen so zu verhüllen, dass eine unbemerkte Nutzung nicht möglich sei.

Das Urteil ist rechtskräftig, das Oberverwaltungsgericht Köln hat die Beschwerde der Polizei zurückgewiesen.

Auch in Wiesbaden werden immer mehr Videoüberwachungsanlagen aufgebaut, die öffentliche Plätze und ihre Nutzer*innen 24 Stunden täglich überwachen. Anders als in Köln ist hier jedoch der Oberbürgermeister der Stadt für den Betrieb zuständig, so liegt auch bei ihm die Pflicht, die Anlagen so zu installieren, dass nicht mehr als rechtlich zulässig in die Grundrechte der Wiesbadener*innen eingegriffen wird.

In Kenntnis des Gerichtsurteils hat sich die Stadt Wiesbaden jetzt einen besonderen Kniff ausgedacht. Um der Forderung, bei Versammlung die Anlagen verhüllen zu müssen, nicht nachkommen zu müssen, werden Pappschilder unter die Videokameras gehängt.

Diesen Pappschildern ist zu entnehmen, dass bei Versammlungen eine Videoüberwachung nicht stattfinden würde, die Bildaufzeichnung deaktiviert sei.

Das ein einfaches Schild die geforderte Verhüllung nicht ersetzen kann, liegt jedoch auf der Hand. In dem Urteil des ging es eben nicht darum, dass die Versammlungsteilnehmer*innen den Betreibern der Videoüberwachung „glauben“ sollten, sondern, dass die Anlagen sichtbar technisch deaktiviert werden müssen. Denn sie grundrechtseinschränkende Wirkung ergibt sich eben bereits aus der bloßen Möglichkeit der Überwachung und Aufzeichnung und genau diese muss sichtbar und kontrollierbar eingeschränkt werden.

Die Stadt Wiesbaden hat hier noch einiges zu tun, aber der Hessische Innenminister hat in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage bereits mitgeteilt, dass es Anbieter gäbe, die entsprechende rechtskonforme Kameras anbieten. Jetzt muss der Oberbürgermeister handeln, einfache Pappschilder sind keine Lösung! Big Brother muss die Augen schließen!

Autor: Torsten Felstehausen
(Torsten Felstehausen ist der datenschutzpolitische Sprecher der Hessischen Linksfraktion)